Zur Geschichte der Burgen, des Geschlechtes und des Ortes von Reifenberg
Bevor die Wiesent in
Forchheim in die Regnitz mündet, schlängelt sie in ihrem tief eingegrabenen
Tal vorbei an den letzten großen Erhebungen: an der Ehrenbürg auf
der Südseite und am Reifenberg auf der Nordseite.
Diese Erhebung war schon in frühen Zeiten von ihrer Randlage her sehr günstig
gelegen zur Errichtung einer Befestigungsanlage, einer Burg. Der Berg ragt auf
einer Bergnase hinein in das Wiesenttal, nach drei Seiten fällt er etwa
200 Meter steil ins Tal ab. Heute steht an der Stelle der ehemaligen Burg die
Nikolauskirche, an ihrer Westseite wurde der letzte noch erhaltene Teil der
Burgmauer in die Kirchenwände integriert.
Nachweislich existierte aber bereits in grauer Vorzeit an anderer Stelle ein
großes Schloss. Dafür sprechen Flurnamen, Karten und biologische
Besonderheiten:
Die Gemarkung nördlich von Reifenberg heißt heute noch "Rangen
am alten Schloss". Möglicherweise lagen hier, der Langen Meile vorgelagert,
erste Besiedlung und Befestigung beieinander. Befanden sich Weilersbach und
Reifenberg damit schon in grauer Vorzeit im gemeinsamen Organisations- und Verteidigungssystem
derselben Burg? Welchen Namen hatte die Veste? Auf diesbezüglichen Hinweise
hin hat sich Heimatforscher Georg Knörlein intensiver mit diesen Fragen
auseinander gesetzt. Er schreibt: "Getrennt durch einen alten Gemeindeweg
der als tiefer Hohlweg von der Abzweigung zur Kapelle heraufkommt und dann leicht
ansteigend weiter in nördliche Richtung verläuft, liegen ... zwei
ebene Grundstücke, die nach drei Seiten hin steil abfallen. ... Nur hier
kann das alte Schloss gestanden haben. Dann ergibt es auch einen Sinn, wenn
der unterhalb der Anlage im Wald verlaufende Weg als 'Vestungsfuhre' und die
dortigen Hölzer ... als ... 'in der Festung' liegend bezeichnet werden."
Geologisch sprechen für diese Stelle als idealen Ort eine Festung folgende
Aspekte:
- Das gesamte untere Wiesenttal konnte überblickt (und damit besser geschützt)
werden.
- Wegen der steil abfallenden Hänge war diese der Langen Meile vorgelagerte
Hochebene gut zu verteidigen.
- Hier gibt es Wasservorkommen, die noch vor zwei Jahrzehnten als "Hüle"
für das Gießen des Friedhofs und der Pflanzbeete verwendet wurden.
Archäologische Grabungen könnten über diese Burg sicherlich mit
wenig Aufwand viel Aufschluss geben.
Bedeutung der
Eintragungen:
A = Festungsfuhre
B = Flurlage "In der Festung"
C = Pflanzbeete an der Vestung
D = Kapelle, Burgstall
E = Altes Schloss
F = Zwergacker
Um die Jahrtausendwende wurde innerhalb Deutschlands die Besiedlung des Ostens
stark vorangetrieben. In diese Geschichtsepoche fällt auch die Gründung
des Bistums Bamberg im Jahre 1007. Kaiser Heinrich II. hatte seinem neuen Bistum
ausgedehnten Grundbesitz geschenkt, daraufhin siedelten sich hier zahlreiche
fränkische Adelige an.
Ein gutes Jahrhundert später, im Jahre 1140, taucht der Name "Reifenberg"
zum ersten Male in Urkunden auf. Sein Träger ist hierbei Adelvolk von Reifenberg,
dessen Geschlecht aus dem bayerischen Ettling (Landkreis Ingolstadt) stammte.
Aus einer Inschrift von 1145 zur Stiftung des Klosters Speinshart in der Oberpfalz
geht hervor, dass Adelvolk von Reifenberg - vielleicht schon einige Jahre früher
- mit seiner Gemahlin Richenza und den Brüdern Reinhold und Eberhard seinen
dortigen Besitz dem Prämonstratenserorden vermachte.
Dieser Eberhard wurde im Jahre 1146 zum Bischof von Bamberg berufen und vereinigte
dort als einer der ersten Nachfolger Kaiser Heinrichs eine erhebliche geistliche
Autorität mit weltlicher Machtfülle.
Reinolds Söhne hingegen sind urkundlich ab 1177 genannt, sie nahmen am
Kreuzzug Kaiser Friedrichs I. Barbarossa teil. Hier wurden sie als besonders
vornehme Adelige (meliores de nobilibus) bezeichnet. Von diesem Kreuzzug kehrten
die beiden Reifenberger nicht mehr zurück: Eberhard wurde als verschollen
gemeldet; Reinhold fiel 1190 bei Adrianopel. Damit war das Geschlecht der Reifenberger
erloschen.
Aus: Dr. H. Kunstmann, Die Burgen der südw. Fränkischen Schweiz
Wie entwickelte sich die Burg Reifenberg?
Die Burg befand sich bereits 1185 im Besitz der Bischöfe von Bamberg, die
wie alle Landesherren bestrebt waren, auch ihren weltlichen Einflussbereich
auszudehnen und zu festigen. Dem diente beispielsweise 1249 ein Abkommen zwischen
Bischof Heinrich II. von Bamberg und dem Edelherrn Eberhard von Schlüsselberg,
dem überaus mächtigen Besitzer der Burg Neideck. Dieser gab die Burg
- vielleicht im Zusammenhang mit einem Erbfolgekrieg eingenommen - dem Bischof
zurück, durfte aber noch darin residieren und musste sich verpflichten,
Gegner des Bischofs zu bekämpfen. Im Jahre 1383 wurde Bischof Lamprecht
im Besitz der Burg Reifenberg bestätigt. In den Folgejahren waren Schloss,
Burghut und Amt Reifenberg verpfändet. Meist hatten die Adeligen von Wiesenthau
einen Großteil der Burg und der Burggüter in ihren Händen.
Im Zusammenhang mit den verschiedenen Burglehen ist aus verschiedenen Beleihungsurkunden
zu erfahren, dass in der Burg zunächst eine Hofstatt, sowie mehrere Kemenaten
waren. 1460 werden in der Veste Reifenberg zwei Hofstätten genannt, eine
auf der Dorfseite und eine hinter der Kirche, die sich folglich von Anfang an
auf der gegenüberliegenden Seite (Westseite) in der Burg befand. Das gesamte
Burggelände war rings von Gebäuden umschlossen. Eine weitere Hofstatt
befand sich auf der Nordseite außerhalb der Burg.
Der Zuggang zum Burggelände lag auf der Nordseite. Er führte von Reifenberg
aus nach Westen um den Burgberg herum. Durch diese Trassen-führung war
der Feind gezwungen, mit der ungedeckten rechten Schwertseite nach oben vorzudringen
- eine gefährliche Situation!
Trotz ihrer günstigen Lage und ihrer Befestigungen wurde die Burg etwa
300 Jahre nach ihrer Erbauung von Gegnern eingenommen und zerstört. Eine
Quelle besagt, dass Heinrich von Aufsess bereits vor dem Jahre 1446 viel Geld
in die verfallene Burg verbaute. Zwischen 1419 und 1452 tobten in den Wirren
des Hussitenkrieges die Kämpfe mit den östlichen Nachbarn. Geschichtsforscher
vermuten, dass die Burg Reifenberg diesen Auseinandersetzungen zum Opfer fiel.
Ebenso denkbar ist es aber auch, dass die Burg nach dem Aussterben des Geschlechts
der Schlüsselberger bei Auseinandersetzungen um die Erbfolge zerstört
wurde. Geblieben ist die Kirche St. Nikolaus.
Im Schutz der Burg Reifenberg entwickelten sich der gleichnamige Ort. Seine Lage wurde schon von den ersten Bewohnern in der Bergmulde so gewählt, dass sie vor Unbilden des Wetters geschützt waren. Zugleich war es ihnen wichtig, dort ihre Häuser zu bauen, wo Wasser auf den Lehm-schichten aus der Erde quillt. Fast jedes Haus hatte seine eigene Wasserquelle oder "Steige". Geschichtliche Details aus dem Mittelalter gibt es über den Ort nicht: Die ältesten Besitzverzeichnisse der Bischöfe von Bamberg aus den Jahren 1323 - 1348 gehen sehr ausführlich auf die Burg Reifenberg ein, der Ort Reifenberg wird jedoch nur am Rande erwähnt.
Der Weiler Almannshof lag auf einer
kleiner Anhöhe am Fuße des Berges, und zwar westlich oberhalb der
Einmündung der Reifenberger Zufahrts-straße in die Bundesstraße
470. Im Zuge der Bauarbeiten wurden bei deren Trassenverlegung um das Jahr 1985
eine noch erhaltene Kellermulde mit dem angefallenen Aushub verfüllt und
damit der letzte topographische Zeuge beseitigt.
Eine Turmknopfurkunde der Pfarrei Kirchehrenbach, deren Filiale Reifenberg ja
ist, stammt aus dem Jahre 1850. Darin ist statistisch für das Jahr 1624
festgehalten:
Reifenberg: 14 Feuerstätten, 95 Einwohner
Almannshof: 17 Einwohner
In der hektischen Betriebsamkeit
unserer modernen Zeit hat sich Reifenberg seinen dörflichen Charakter bewahrt.
Für manchen Urlauber gilt der Ort als ausgesprochener Geheimtip.
Mit der Gemeinde Speinshart in der Oberpfalz (1200 Einwohner) bestehen - dank
dem ehemaligen Schulleiter Franz Kaller als Initiator - gute Kontakte und freundschaftliche
Verbindungen.
Quellen:
· Kunstmann Helmut: Die Burgen der westlichen und nördlichen Fränkischen
Schweiz, 1. Teil. Würzburg 1971
· Sieghardt August: Fränkische Schweiz, romantisches Land. Nürnberg
1952
· Kirchehrenbacher Turmknopfurkunden, hg. von Georg Knörlein in
Kooperation mit dem Kath. Pfarramt Kirchehrenbach, 1988
· Knörlein Georg: Beiträge zur Ortskunde von Reifenberg. Herausgegeben
im Auftrag der Gemeinde Weilersbach, 1989
· Der Neue Tag Weiden, Heimatzeitung für die nördliche Oberpfalz,
Ausgabe vom Freitag,
31. Juli 1992
Bildquellen:
Georg Knörlein: Beiträge zur Ortskunde von Reifenberg. Herausgegeben
im Auftrag der Gemeinde Weilersbach, 1989